Ein Wettkampf ganz besonderer Art fand in Erfurt statt. Wer in der Leichtathletik zu Hause ist, hat auf jeden Fall schon einmal vom Zehnkampf gehört, welcher als Königsdisziplin bezeichnet wird. Neben dem offiziellen Wettkampfgeschehen gibt es aber auch noch einen Ultramehrkampf. Dieser umfasst die Disziplinen des klassischen Zehnkampfes und erweitert diese um zehn weitere. Alle zwanzig Disziplinen müssen an den üblichen zwei Wettkampftagen durchgeführt werden.

Da im normalen Zehnkampf schon fast alle technischen Disziplinen enthalten sind, werden beim Ultramehrkampf nur Dreisprung und Hammerwurf ergänzt und der Rest wir mit Laufdisziplinen aufgefüllt.

Der normale Zehnkämpfer wird sich an diese Herausforderung meist nicht wagen, weil er die langen Läufe (bis zu 10000m) scheut und der normale Läufer wird Respekt vor den technischen Disziplinen (wie z.B. Stabhochsprung) haben. So war es nicht verwunderlich, dass in Erfurt nur acht Starter die Herausforderung annahmen.

Mit am Start war auch Matti Herrmann von der SG Vorwärts Frankenberg.

Er begann den Wettkampf mit soliden Leistungen über 100m (11,6s) und im Weitsprung (6,45m). In der dritten Disziplin stand mit der 200m Hürde bereits ein Knackpunkt auf dem Programm. Läuft man diese zu schnell, kann man in den nachfolgenden Disziplinen Probleme bekommen. Mit einem zügigen aktiven Schritt überlief Matti die selten gelaufene Strecke nach 27s und stellte einen neuen Landesrekord in der M30 auf. Im Kugelstoß (11,08m) landete das Gerät nahe seiner Bestleistung. Dann ging es auf die 5000m-Strecke. Auf den 12,5 Runden musste ein gleichmäßiges nicht zu schnelles Tempo her. Nach etwas unter 19min (18:51,4min) beendete er den Lauf, bevor kurze Zeit später die 800m anstand. Hier war das schwierigste für alle, das plötzliche Umschalten der Geschwindigkeiten. Aber auch diese Aufgabe löste der Frankenberger souverän und kam nach 2:20,5min ins Ziel. Im Hochsprung (1,80m) waren nun wieder die technischen Feinheiten gefragt. Spätestens an diesem Punkt merkten alle Starter bereits die Strapazen des Tages. Auf der 400m-Strecke bewies Matti sein unglaubliches Zeitgefühl, als er bis auf das Zehntel genau die Zeit lief, welche er sich vorgenommen hatte (55,5s). Als neunte Disziplin stand Hammerwurf (25,49m) auf dem Programm. Sieben der acht Starter hatten dieses Gerät noch nie zuvor bei einem Wettkampf in der Hand. Die erwarteten großen Probleme blieben aber aus. In der Abschlussdisziplin des ersten Tages wurde es dann noch mal ungemütlich. Nicht nur weil die Beine bereits vor dem Start schwer waren und die Hindernisse verteilt auf 3000m so noch viel höher erschienen. Pünktlich zum Start fing es nun auch noch an zu regnen, was den Wind, der bereits den ganzen Tag blies, noch verstärkte. Auch hier achteten wieder alle genau auf die Uhr und Matti erreichte das Ziel wie geplant nach 11:30min.

 

Der zweite Tag startete ernüchternd. Die Beine wollten kaum noch vorwärts und auch die Frische im Kopf fehlte. Hinzu kam, dass der Wind über Nacht noch bedeutend zugenommen hatte und nun schon extreme Ausmaße annahm.

Der Lauf über 110m Hürden (15,5s) beendete Matti zwar mit einer Wunde am Knie, diese kam aber nur auf die lange Liste der Schmerzen hinzu. Umso erstaunlicher, dass der Diskus auf die neue persönliche Bestleistung von 33,71m flog. Nach einem etwas gedämpftem Lauf über die 200m (24,4s) stand die Paradedisziplin des Frankenbergers an. Aufgrund des heftigen Windes entschied sich der Frankenberger, nur aus einem kurzen Anlauf zu springen. Als der letzte Stabhochspringer seinen Wettkampf beendete, stieg Matti in das Geschehen ein. Nach übersprungenen 3,80m wiederstanden die 4m knapp.

Nun war das große Motivationsloch auch beim letzten angekommen, als wieder 7,5 Runden auf dem Plan standen. Wiederum fast exakt nach Zeitplan beendete Matti die 3000m in einer Zeit von 11:15min. Die folgende 400m Hürden reichen normalerweise schon allein jedem Läufer, um sich auszupowern, nicht so unsere Ultramehrkämpfer. Nach 60,8s war auch hier das Ziel erreicht. Beim Speerwurf (44,36m) konnte sich nun wieder „ausgeruht“ werden.

Die 1500m (5:23,6min) sind im Zehnkampf die längste Laufstrecke, in Erfurt kam sie den Athleten hingegen schon kurz vor. In der vorletzten Disziplin musste noch einmal volle Konzentration her, damit der Dreisprung (12,41m) ohne weitere Probleme beendet werden konnte. Auch hier glänzte der Frankenberger, obwohl er sich bereits seit der 15. Disziplin mit Krämpfen rumärgern musste. Zum Abschluss stand eine große 25 an der Rundenanzeige. Die Athleten wollten nur noch ins Ziel kommen und sich als Ultramehrkämpfer feiern lassen. Und dieses Ziel erreichten auch alle acht Starter. Am Ende konnte Herrmann 10935 Punkte auf seinem Konto verbuchen, wobei es weniger um Punkte und Platzierungen ging, sondern um das Erlebnis an sich. Glücklich aber sehr geschafft traten die Wettkämpfer die Heimreise an, die Schmerzen werden noch einige Zeit ihr ständiger Begleiter sein.   

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